Ich sehe was, was du nicht siehst. Cyrus Kabirus Brillengestelle
Die C-Stunners, aus Müll hergestellte Brillenskulpturen von Cyrus Kabiru, entdeckten wir in der Ausstellung Making Africa im Vitra Design Museum in Weil am Rhein (D). Gezeigt wurde dort zeitgenössisches Design aus Afrika und damit eine Seite des Kontinents fernab jeglicher Klischees und Design jenseits vorwiegend durch die westliche Welt definierter Konventionen. Von afrikanischem Design zu sprechen wäre dabei eine ebenso unzulässige Vereinfachung wie von europäischem Design. Die Brillenskulpturen des kenianischen Künstlers illustrieren sehr deutlich wie die eigene kulturelle Prägung den Blickwinkel beeinflusst, aus dem wir Dinge sehen. Es ist nicht klar, wer hier was sieht oder wer oder was hier betrachtet wird. Der Brillenträger sieht in erster Linie das fantastische Gestell, obwohl er vielleicht meint, mit dieser Brille – diesen Zweck hat eine Brille nun ja für gewöhnlich – die Welt besonders genau sehen zu können.
Amunga Eshuchi and Cyrus Kabiru, »Big Cat«, 2012, Aufnahme aus der »C-Stunners« Fotografie-Serie, Edition von 10, © Courtesy Ed Cross Fine Art Ltd, London, Foto: Amunga Eshuchi
Kulturelle Prägungen sind unbewusst. Man beginnt erst, sie wahrzunehmen, wenn sie in einer anderen Wirklichkeit, einem anderen kulturellen Raum dekonstruiert werden. Wir stossen auf das Andere und beginnen dann erst zu begreifen wer wir sind und was wir tun. Wir finden Hässliches oder Schönes und erkennen wie Ästhetik von kulturellen Merkmalen geprägt ist. Wir benutzen Gegenstände, die wir als genial oder unpraktisch empfinden und verstehen, dass Gebrauch, Nutzen, Design und Herstellung allesamt von kulturellen Praktiken dominiert werden. Wir können gar nicht anders, als durch unsere je eigene schräge Brille zu sehen. Aber wir können lernen, die witzigen, verrückten, phantastischen, absurden Brillen wahrzunehmen. Unsere – und die der anderen.
AFP PHOTO / Carl de Souza (Photo credit should read CARL DE SOUZA/AFP/Getty Images)